BERGFRIED AUSSTELLUNG – “Die Füße am Boden, die Gedanken in der Luft”
Die Füße am Boden, die Gedanken in der Luft
Schwere Stahl-Skulpturen und filigran von der Decke schwebende Papierarbeiten sind die Arbeiten im Bergfried der Burg Wassen-berg, die sofort eine Assoziation mit dem Ausstellungstitel „Die Füße am Boden, die Gedanken in der Luft“ aufkommen lassen würden. Aber ganz so einfach machen es die beiden Künstler Christa Walters und Gert Jäger ihren Besuchern nicht.
Christa Walters´ Arbeiten lassen oft durch die Wahl von leuchtend-bunten Farben eine positiv aufgeladene Grundstimmung aufkommen, aber genauso gibt es bei ihr Arbeiten, die – dunkel und geheimnisvoll – eine gewisse Form der Melancholie verbreiten. Eine wesentliche Rolle in den Bildern von Christa Walters spielt die Farbe.
Sie bringt emotionale Empfindungen hervor und öffnet ein Fenster von außen nach innen. Sie ermöglicht Transparenz, Durchblick und Einblick. Das Verhältnis von außen und innen wird zudem durch die Struktur der Bilder beschrieben.
Die Farbschichten der Leinwandarbeiten werden schichtweise aufgetragen und teilweise wieder abgezogen, wodurch tiefer liegende Schichten immer wieder freigelegt werden. Die scheinbare Monochromie vieler ihrer Bilder löst sich bei näherer Betrachtung in variierende Farbtöne auf, in Hell und Dunkel, wodurch harmonisierend, teilweise auch konkurrierend der Bildraum gestaltet wird. Der Blick des Betrachters wird förmlich in die Tiefe des Bildes hineingezogen, das Bild wird zur mehrdimensionalen Erlebniswelt. Das Gleiche gilt auch für die in Wassenberg gezeigten aktuellen Papierarbeiten, bei denen Christa Walters durch Faltungen und Colla-getechnik eine tiefe räumliche Wirkung erzielt.
Die Arbeiten von Christa Walters sind Abbilder einer inneren Landschaft, einer geistigen Vorstellung der Künstlerin, mit der sie in Dialog mit dem Betrachter tritt. Emotionale Empfindungen werden in ein Spiel von Farbe und Struktur umgewandelt.
Auch die Arbeiten von Gert Jäger treten mit dem Betrachter in einen speziellen Dialog, da fast alle in Wassenberg ausgestellten Arbeiten mit „Gedankengang“ betitelt sind. In seinen Skulpturen geht es um Denken und Nachdenken. Sie sollen den Betrachter anregen, über Form, Herstellungsprozess, Material und letztendlich auch über den Sinn nachzudenken, warum eine solche Arbeit zustande kam. Den Skulpturen von Gert Jäger sieht man nicht immer an, aus welchem Material sie erstellt wurden. Sind sie aus Stahl, aus Edelstahl, sind sie massiv oder hohl? Warum wurde sie in dieser besonderen Weise verformt und mit welchen Mitteln war dies überhaupt nur möglich? Der Entstehungsprozess und das Werk, das in Wassenberg gezeigt wird, haben einen direkten Bezug zum Titel der Ausstellung. Die Abfolge von Gedanken, das komplexe Gefüge der Erstellung einer Skulptur, der Versuch, eine Thematik zu erfassen, um letztendlich zu einem bestimmten Ergebnis zu gelangen.
All diese Dinge sollten beim Betrachter der Arbeiten Gedanken auslösen, mit denen er sich den Arbeiten nähert.
Nur so kann ein wirklicher Dialog zustande kommen, um aus einer Art Momentaufnahme eines Gedankengangs letztendlich zu erahnen, warum der Künstler die bestimmte Skulptur in dieser Weise erschaffen hat.
Lassen Sie sich daher inspirieren und treten Sie in den Dialog mit beiden Künstlern. Auch wenn die Füße fest am Boden sind, dürfen Sie ihren Gedanken freien Lauf lassen!
Andreas Beumers M.A., Kunsthistoriker