Geschichte des Wassenberger Landes

Zahlreiche Funde (Werkzeuge, Hügelgräber…) aus der Steinzeit und der vorrömischen Eisenzeit weisen auf die Anwesenheit und frühe Besiedlung von Menschen im Gebiet der heutigen Stadt Wassenberg hin.

Nach der Eroberung der linksrheinischen Gebiete (53 v.Ch.) durch römische Legionen wurde dieses Gebiet dem römischen Reich einverleibt und besiedelt. Durch zahlreiche archäologische Funde sind mehrere Standorte römischer Gebäude nachgewiesen. Diese Wohngebiete waren dem römischen Wege- und Straßennetz angeschlossen.

In der Zeit der Völkerwanderung besetzten die Franken das hiesige Land. Die Christianisierung erfolgte im 7. und 8. Jahrhundert durch iro-schottische Mönche. Nach der Überlieferung hat dabei der Berg des heutigen Friedhofes bei Birgelen eine regionale Bedeutung gehabt. Hier entstand auf dem Berg eine Kirche. Auch in Orsbeck wurde mit den Resten der römischen Bauten eine fränkische Saalkirche errichtet. Die erste Kirche in Steinkirchen stammt ebenfalls aus der frühchristlichen  Zeit.

Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird Wassenberg in den “Klosterrather Annalen” (Annales Rodenses). Klosterrath ist das heutige Rolduc bei Herzogenrath. 1020 überließ Kaiser Heinrich II. (1002 – 1024) dem flandrischen Edelherren Gerhard von Antoing reichen Landbesitz in Wassenberg für geleistete Dienste. Nach dem Ausbau der Motte (Urburg) nannten sich seine Nachkommen „Graf von Wassenberg“. Graf Gerhard III. von Wassenberg und Geldern gilt auch als Gründer des Wassenberger Georgs-Stiftes und Erbauer der St. Georgs-Propsteikirche.

Die Gründungsurkunde vom 30. September 1118 ist in einer älteren Abschrift noch erhalten. Stift und Kirche bestimmten Jahrhunderte lang die Geschicke der Stadt mit.

Gerhard IV. verließ Wassenberg und ging nach Geldern. Seine Nachfahren waren die Herzöge von Geldern. Gerhards Schwester, Jutta von Wassenberg, heiratete den Herzog von Limburg, Walram II., und brachte Burg und Ort Wassenberg als Hochzeitsgut mit, wodurch Wassenberg an Limburg fiel.

Schlacht um den Königsthron

Im Jahre 1206 tobte in der sumpfigen Ruraue vor Wassenberg die Schlacht um den deutschen Königsthron zwischen Philipp von Schwaben, dem Sohn Barbarossas und Otto IV. von Braunschweig, dem Sohn Heinrichs des Löwen. Ottos Heer wurde geschlagen und Phillips Truppen plünderten und verwüsteten Wassenberg. Seit 1273 besaß Wassenberg die Stadtrechte mit eigenem Marktrecht, eigener Gerichtsbarkeit sowie zeitweilig eigenem Münzrecht.

Die Stadt war geschützt durch eine Befestigungsanlage und Stadttore.

Die Stadtmauer, der Bergfried, der Kirchturm von St. Georg und die Stadttore stammen aus der Zeit nach 1400. Zu jener Zeit war die Stadtmauer 1,2 km lang. Der untere Teil des Roßtors und der Verlorenenturm sind aus früherer Zeit. Ende des 13. Jahrhunderts fiel Wassenberg nach der Ritterschlacht von Worringen an das Herzogtum Brabant. Grund war der Erbschaftsstreit um das Herzogtum Limburg; Wassenberg stand an der Seite Gelderns und gehörte zu den Verlierern.

Heirats-, Erbschafts- und Machtpolitik mit wechselnden Pfandherrschaften – darunter auch die Erzbischöfe von Köln – bestimmten die Geschicke der Stadt und ihrer oft bedrängten Bürger, die fleißige Gewerbetreibende und Bauern waren. Nach den Burgundern übten für die Herzöge von Jülich die Vögte auf Burg Wassenberg ihr Amt aus.

Die Allmende Meinweg war ein großes Waldgebiet, das von der Burg Wassenberg verwaltet wurde. Nutzungsberechtigte waren Bewohner der Städte Roermond und Wassenberg und weiterer 12 Kirchspiele diesseits und jenseits der heutigen Grenze.

Zwei deutsche Kaiser waren auf der Burg zu Gast: 1505 kam Maximilian II. und am 29. August 1543 übernachtete Kaiser Karl V. in der Burg Wassenberg auf seiner Reise nach Venlo zum Abschluss des Geldrischen Erbfolgekrieges. Karl übergab Wassenberg endgültig an das Herzogtum Jülich.

Der Niederrhein ist flach und bietet bis auf die Flüsse keinerlei natürliche Hindernisse für ein großes Heer. Hier zogen die Armeen auf ihren Märschen von West nach Ost und in umgekehrter Richtung immer wieder durch – töteten Mensch und Vieh, plünderten und verwüsteten das Land. Allein zwischen 1566 und 1659 wurde diese Region durch fünf Kriege in Mitleidenschaft gezogen. Um 1530 war Wassenberg Mittelpunkt der Wiedertäuferbewegung am Niederrhein. Campanus und Kloprijs, ihre bedeutendsten Führer, wurden durch den Amtmann Werner v. Palant auf der Burg geschützt. Palant musste seinen Dienst quittieren. Die Wiedertäufer wurden verfolgt und noch 1670 ausgewiesen. Bereits in der Frühzeit der Reformation entstand eine kleine reformierte Gemeinde. Seit 1652 existiert ihr Gotteshaus, die Hofkirche.

Die französischen Revolutionsarmeen eroberten 1794 das Rheinland und damit auch Wassenberg.  Bis 1814 gehörte unsere Stadt zum französischen Roerdepartement und wurde nach französischem Recht verwaltet. Die Klöster wurden aufgelöst und ein  modernes Rechtssystem eingeführt. Das bedeutsame Amt Wassenberg im Herzogtum Jülich mit den Gemeinden Beeck, Kleingladbach, Doveren, Ratheim, Melick, Herkenbosch, Gerderath, Birgelen, Arsbeck, Steinkirchen-Effeld, Orsbeck, Myhl, Ophoven, Hückelhoven und Wildenrath und der Stadt Wassenberg wurde aufgelöst.

Nach der Niederlage Napoleons wurden auf dem Wiener Kongress die Grenzen in Europa neu gezogen. Die bis dahin existierende kulturelle und sprachliche Einheit diesseits und jenseits der neuen Grenze wurde  zerrissen. 1815 kam Wassenberg zum Königreich Preußen und die Stadt verlor die ihr bis dahin zugehörigen Gemeinden  Herkenbosch und Melick. Wassenberg erhielt das Hauptzollamt. Die Almende Meinweg wurde aufgelöst.

Mit der Errichtung der Textilfabriken der Krefelder Firma Krahnen & Gobbers 1894 und 1904 begann in Wassenberg das Industriezeitalter. Weitere Webereien  und Hauswebereien folgten und Wassenberg wurde zu einer Weberstadt.

1897 wurde in Wassenberg der Heimat-, Verkehrs- und Verschönerungsverein gegründet, der wichtige Maßstäbe setzte für die beginnende Naherholung inmitten der schönen Landschaft und der bedeutsamen historischen Wahrzeichen. Oskar von Forckenbeck (gestorben 1898) schuf mit dem Ausbau des “Judenbruches” zum Naturpark wichtige Grundlagen auch für Wassenberg als Erholungsort. Wassenberg wurde Luftkurort und erhielt 1911  Bahnanschluss.

1933 wurde Adolf Hitler Reichskanzler und in Deutschland entstand die Nazidiktatur. Auch in Wassenberg gab es begeisterte Anhänger und unschuldige Opfer. Am 10. November 1938 wurde die Synagoge eingeäschert und im Verlauf der nächsten Jahre die in Wassenberg lebenden Juden in Konzentrationslager deportiert und umgebracht. Eine von ihnen war das Mädchen Betty Reis. Der Name der Wassenberger Gesamtschule erinnert noch heute an sie und ihre Leidensgenossen. 1938 baute man die Bunker des Westwalls. Im gleichen Jahr entstand die GEHAG Siedlung,  die mit den bereits bestehenden Straßen langsam die Oberstadt entstehen ließ.

Auf Wassenberger Gebiet sammelten sich Divisionen der Wehrmacht im April/Mai 1940 vor dem Überfall auf die Niederlande. 1944/45 wurde Wassenberg unmittelbar vom Krieg heimgesucht. Um die Jahreswende stand die Frontlinie für Monate im Kreis Heinsberg. Evakuierung, Bombenangriffe und Artilleriebeschuss bestimmten das Leben der Menschen in den Ortschaften. Der zweite Weltkrieg brachte viel Leid (Bombenabwürfe, Flugzeugabstürze, Einquartierungen usw.). Im Herbst 1944 wurde die Zivilbevölkerung zwangsevakuiert. Unsere Heimat war bis zum Februar Frontgebiet. Die Stadt wurde stark zerstört. Während dieser Zeit wurde auch die St. Georgs-Kirche von Bomben getroffen.

Nach dem Krieg

Hunger und Not, Wiederaufbau, Neubaugebiete und Strukturwandel prägten die Zeit nach dem II. Weltkrieg.  Die St. Georgs-Kirche wurde 1954/56 wieder aufgebaut. In der Oberstadt wurde die Kirche für die neu entstandene Gemeinde Mariä Himmelfahrt eingeweiht. In den Jahren 1963/1964 entstand die Kreuzkirche für die evangelische Gemeinde Wassenberg-Dalheim.

Auf der als Hotel/Restaurant neu ausgebauten Burg Wassenberg fand 1966 die Gründungsversammlung des Naturparks  Schwalm-Nette statt.

Webereien, die lange Zeit die wirtschaftliche Grundlage der Stadt bedeuteten, stellten ab 1970 ihren Betrieb mehr und mehr ein. Im Rahmen der kommunalen Neugliederung von 1972 wurde aus den Gemeinden Wassenberg, Birgelen, Myhl, Orsbeck, Effeld und Ophoven die neue Stadt Wassenberg.

Große Arbeitgeber wie der britische Militärflughafen im benachbarten Wildenrath und die Steinkohlenzeche „Sophia Jacoba“ in Hückelhoven mit Schacht V in Rosenthal schlossen ihre Pforten. Auch die Bahnlinie wurde 1980 eingestellt. Kleinere Gewerbebetriebe und Handwerker (Supermärkte und Dienstleistungsbetriebe) sind nun das wirtschaftliche Rückgrat der Stadt Wassenberg. Die größte Druckmaschine der Welt steht im Gewerbegebiet Wassenberg-Forst.